Die zweite Etappe der Revision modernisiert die Richtlinien und entwickelt sie weiter. Es werden keine Änderungen vorgeschlagen, die zu substanziellen Mehrausgaben führen.
DEBATTE

Vernehmlassung zur Revision der SKOS-Richtlinien läuft bis Februar 2025

02.12.2024
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Die SKOS-Richtlinien werden laufend weiterentwickelt und den neuen rechtlichen, fachlichen und sozialpolitischen Anforderungen angepasst. Zurzeit läuft eine Revision in drei Etappen. Anfang 2024 trat die erste Etappe mit einer Reihe von technischen Anpassungen in Kraft. Nun liegen die Entwürfe für die zweite Etappe vor und können von den SKOS-Mitgliedern im Rahmen der Vernehmlassung beurteilt werden.

In der zweiten Etappe werden Themen wie der Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen, der Gleichstellung der Geschlechter, der sich ergänzenden Ziele der sozialen und beruflichen Integration, der persönlichen Hilfe und der Aus- und Weiterbildung besondere Beachtung geschenkt. Neu erwähnt wird in den Erläuterungen die Rolle, die unabhängige Rechtsberatungs- und Ombudsstellen für den Rechtsschutz in der Sozialhilfe spielen. Die im Merkblatt «Digitale Grundversorgung» im Jahr 2022 eingeführte Regelung zur Finanzierung von Laptops im Rahmen von weiteren situationsbedingten Leistungen (SIL) wird jetzt in die Richtlinien aufgenommen. Die Empfehlung zu den Wohnkosten von jungen Erwachsenen wird aufgrund von Praxiserfahrungen so angepasst, dass in speziellen Situationen eine kostengünstige Wohngelegenheit ausserhalb der elterlichen Wohnung ermöglicht werden kann. Schliesslich werden Anpassungen im Kapitel E (Rückerstattung) vorgeschlagen. Die Rückerstattung soll sich in Zukunft auf die Bereiche Grundbedarf und Wohnkosten beschränken und für Perioden, in denen eine Ausbildung absolviert wird, ganz wegfallen. Mit diesen Anpassungen der Richtlinien wurden Aufträge der SODK, Anregungen aus dem nationalen Programm gegen Armut, Ziele der SKOS-Strategie 2025 sowie Vorschläge aus den Fachkommissionen der SKOS aufgenommen.

Die vorgeschlagenen Änderungen führen nicht zu einer grundsätzlichen Neuausrichtung oder einem Paradigmenwechsel in der Sozialhilfe. Es werden auch keine Änderungen vorgeschlagen, die zu substanziellen Mehrausgaben führen. Die zweite Etappe modernisiert die Richtlinien und entwickelt sie weiter. Sie trägt damit zum guten Funktionieren der Sozialhilfe und zur Harmonisierung unter den Kantonen und Gemeinden bei. Nachfolgend Erläuterungen zu einer Auswahl der geänderten Kapitel:

Kinder und Jugendliche (SKOS-RL A.2. und C.6.4.)

Kinder und Jugendliche sind in der Schweiz überdurchschnittlich armutsgefährdet. Diesem Thema wird neu an zwei Stellen Rechnung getragen. Unter A.2. Ziele der Sozialhilfe wird im neuen Abs. 4 festgehalten: «Besondere Aufmerksamkeit ist auf die Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu richten.» Weiter wird unter C.6.4. Situationsbedingte Leistungen für Familien Abs. 3 wie folgt ergänzt: «Weitere fördernde SIL für Kinder sind zu übernehmen, sofern sie der Integration oder dem Wohle des Kindes dienen und angemessen sind (z. B. Lagerkosten oder Musikunterricht/Sport).»

Rechtsberatung von Sozialhilfebeziehenden (SKOS-RL A.4.1. und A.3.2.)

Der 2020 im Rahmen des Programms gegen Armut publizierte Forschungsbericht zeigt auf, dass der Rechtsschutz von Armutsbetroffenen in der Sozialhilfe teilweise lückenhaft ist. Der Bericht schlägt rechtliche, institutionelle und kommunikative Massnahmen vor, um diese Lücken zu schliessen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Rolle, die unabhängige Rechtsberatungs- und Ombudsstellen für den Rechtsschutz in der Sozialhilfe spielen. Die zuständige SKOS-Kommission für Rechtsfragen kam zum Schluss, dass eine solche Empfehlung für einen Rechtsanspruch nicht auf Ebene SKOS-Richtlinien erfolgen kann, handele es sich doch um eine institutionelle Frage und nicht um eine Frage des individuellen Sozialhilfebudgets. Damit die Verankerung von Ombudsstellen und unabhängigen Rechtsberatungsstellen auf kommunaler und kantonaler Ebene gefördert werden kann, wird unter anderem eine Ergänzung in den Erläuterungen von A.4.1. Rechte im Verfahren vorgeschlagen.

Grundbedarf für den Lebensunterhalt (SKOS-RL C.3.1.)

Die SODK erteilte der SKOS einen Prüfauftrag betreffend das System zur Anpassung des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt (GBL). Dabei soll die aktuell geltende Koppelung an die Anpassung der Ergänzungsleistungen der AHV/IV nach Mischindex mit der Koppelung an den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) verglichen werden. Eine von der SODK eingesetzte Arbeitsgruppe, bestehend aus vier Kantonsvertreter:innen und zwei Fachexperten, hat die Entwicklung des Grundbedarfs in den letzten 25 Jahren analysiert, die Vor- und Nachteile der beiden Methoden in einem Bericht dargestellt und im Fazit eine Gewichtung vorgenommen. Der Bericht ist auf der Website der SKOS publiziert. Drei Kantone empfehlen die Beibehaltung des Mischindexes als Methode für die Anpassung des Grundbedarfs als Variante A. Ein Kanton spricht sich mit Variante B für den Wechsel zur Methode mit LIK aus.

Digitale Grundversorgung (SKOS-RL C.3.1., C.6.8.)

Die SKOS hat 2022 im Merkblatt «Digitale Grundversorgung» festgehalten: «Um die digitale Grundversorgung von unterstützten Personen sicherzustellen, sollen die Kosten für eine bescheidene IT-Grundausstattung und den Besuch von Kursen zum Erwerb von IT-Grundkompetenzen als situationsbedingte Leistungen (SIL) durch die Sozialhilfe übernommen werden.» Mit der Anpassung von C.3.1. Erläuterungen a) Grundbedarf und Warenkorb sowie C.6.8. Abs. 2 a. (weitere SIL) wird die Regelung des Merkblattes in die Richtlinien übernommen. Die Erläuterungen werden mit dem neuen Abschnitt a) zum Thema Digitalität ergänzt.

Vermögensfreibetrag (SKOS-RL D.3.1.)

Der Vermögensfreibetrag wurde in den SKOS-Richtlinien 1989 festgelegt und blieb seither unverändert. Während der Corona-Pandemie wurde die Frage des vereinfachten Zugangs zur Sozialhilfe neu lanciert. Der Kanton Basel-Stadt beschloss 2021 eine auf zwei Jahre befristete Verdoppelung des Vermögensfreibetrags. Aufgrund der positiven Erfahrungen und der kleinen Anzahl von Haushalten, die in den Genuss dieser neuen Regelung kamen, führte der Kanton diese Regelung 2024 definitiv ein. In der Vernehmlassung werden drei Varianten zur Erhöhung vorgeschlagen: eine Erhöhung um 50 Prozent (6000 Franken), eine Verdoppelung (8000 Franken) und eine Erhöhung auf einen Drittel der EL-Limite (10 000 Franken). Die Kommission Richtlinien und Praxis (RiP) spricht sich für die Erhöhung um 50 Prozent aus.

Rückerstattung (SKOS-RL E.2.1., E.2.4. und E.2.5.)

Die SKOS hat im Auftrag der SODK die Stärken und Schwächen der aktuellen SKOS-Richtlinien und deren Umsetzung in den Kantonen analysiert und dabei die laufenden Gesetzesprojekte in verschiedenen Kantonen miteinbezogen. Die bestehenden Richtlinien werden in zwei Bereichen bekräftigt:

  • Die Rückerstattungspflicht von unrechtmässig bezogener Sozialhilfe, von bevorschussten Leistungen, zum Beispiel während eines IV-Verfahrens, sowie bei günstigen Verhältnissen aufgrund von Vermögensanfall ist unbestritten.
  • Auf Rückerstattung aus Erwerbseinkommen ist gemäss geltenden SKOS-Richtlinien zu verzichten. Die laufenden Gesetzesanpassungen in den Kantonen zeigen eine Entwicklung hin zu einer Aufnahme dieser Empfehlung in der Mehrheit der Kantone. Diese Empfehlung wird bekräftigt.

In zwei Bereichen wird eine Anpassung vorgeschlagen:

  • Die Richtlinie E.2.4. enthält aktuell drei Leistungen, die nicht von der Rückerstattungspflicht erfasst werden. Nun wird ein Wechsel von einer Ausnahmenliste zu einer Positivliste vorgeschlagen. Rückerstattungspflichtig sollen nur die Leistungen für den Grundbedarf und die Wohnkosten sein.
  • Im Sinne der Weiterbildungsoffensive sollen in Zukunft keine Sozialhilfeleistungen rückerstattungspflichtig sein, die während Aus- und Weiterbildungen zur beruflichen Integration bezogen wurden.

Vernehmlassung bis 19. Februar 2025

Die Vernehmlassung zur zweiten Etappe der Richtlinienrevision läuft bis zum 19. Februar 2025. Den erläuternden Bericht mit allen Themen und die Synopse sind auf der SKOS-Website publiziert. Eingeladen zur Vernehmlassung sind alle Mitglieder. Das entsprechende Formular befindet sich im Mitgliederbereich. Am 16. Januar 2025 findet zudem ein Webinar statt, in dem Fragen zur Revision gestellt werden können, Anmeldungen gerne via SKOS-Website.

Markus Kaufmann
SKOS-Geschäftsführer