Dienstleistungsangebot für die Sozialdienste zur Abschätzung der Falllast der Sozialarbeitenden.
Sozialhilfe

Tool zur Berechnung der Falllast

08.03.2021
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Viele Schweizer Sozialdienste standen in den letzten Jahren vor der Herausforderung steigender Fallzahlen von Sozialhilfebeziehenden bei stagnierenden Ressourcen auf der Seite der beratenden Sozialarbeitenden. Die passende Zahl an Fällen pro Sozialarbeitende hat positive Auswirkungen auf die Qualität der Beratung und Ablösequote. Die SKOS unterstützt daher ein Projekt zur Erstellung eines Tools, mit dem die Falllast berechnet werden kann.

Eine hohe Falllast mündet häufig in eine Beschleunigungslogik bei der Bearbeitung der einzelnen Fälle und somit in eine Verringerung der Beratungszeit pro Fall. Diese Entwicklung kann unter anderem zu einer tieferen Ablösequote und folglich zu höheren sozialen Kosten führen. Eine 2017 veröffentlichte Studie der ZHAW zeigte, dass eine reduzierte Falllast in der Langzeitberatung der Sozialen Dienste der Stadt Winterthur zu signifikanten Minderausgaben sowie zu einer Steigerung der Zufriedenheit bei den fallführenden Sozialarbeitenden führte. Doch die Berechnung der gut bewältigbaren Falllast ist ein komplexes Unterfangen. So muss eine Vielzahl von Faktoren, wie etwa die Entlastung durch Administration, Unterstützung durch interne Fachstellen, zusätzliche Aufgaben wie Beistandschaftsmandate usw., einbezogen werden.

Deshalb soll nun ein Tool zur Berechnung der Falllast entwickelt werden. Sofern das Departement Soziale Arbeit der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zusammen mit dem Büro BASS von Innosuisse Unterstützung erhält, soll ein Dienstleistungsangebot für spezialisierte und polyvalente Sozialdienste zur Einschätzung und zum Vergleich der Falllast pro Vollzeitäquivalent der Sozialarbeitenden erstellt werden. Der sogenannte Caseload Converter soll es Sozialdienstleitenden ermöglichen, die Falllast ihres Dienstes mit derjenigen anderer Sozialdienste zu vergleichen. Dazu müssen sie in das Tool ihre spezifischen Parameter eingeben. Diese werden dann zusammen mit unterschiedlichen Faktoren unter Berücksichtigung ihres Einflusses gewichtet. Am Schluss soll als Output die spezifische Bandbreite der gut bewältigbaren Falllast herauskommen. Diese kann dann sowohl als Orientierung für die Sozialdienstleitenden als auch als Argument für die Diskussion innerhalb der Sozialen Dienste sowie für die sozialpolitische Diskussion nach aussen dienen.

Interesse vor allem seitens mittlerer und kleinerer Gemeinden

Sozialdienste grösserer Städte verfügen in der Regel bereits über ein ausgeklügeltes System der Falllaststeuerung, kleinere und mittlere Gemeinden hingegen selten. Entsprechend gross ist ihr Interesse an einem Caseload Converter. Dies zeigte sich im Rahmen des im Februar 2021 abgeschlossenen Vorprojekts mit Fokusgruppendiskussionen mit 14 Sozialdienstleitenden grosser, mittlerer und kleinerer Dienste. Sie erarbeiteten Grundlagen, um die Falllast in der Sozialberatung sowie die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Sozialdiensten in unterschiedlichen Kontexten bestimmen zu können.

Das ZHAW-Forschungsteam möchte in Kooperation mit der SKOS im Rahmen des geplanten Projekts ein bedarfs- und bedürfnisgerechtes Berechnungstool für kleinere und mittlere Sozialdienste entwickeln, das alle relevanten Faktoren ausreichend berücksichtigt und sowohl quantitative als auch qualitative Dimensionen der Fallarbeit genügend Rechnung trägt. Im Rahmen des Projekts soll das Berechnungstool in drei bis vier Testphasen mit Sozialdienstleitenden mittlerer und kleiner Gemeinden validiert und justiert werden. So kann der Caseload Converter im Sinne einer Orientierung und Standardisierung als Referenz sowohl für die interne Ressourcenplanung als auch für die externe Diskussion dienen. Darüber hinaus dürfte der Caseload Converter auch für Reorganisationen auf kantonaler Ebene von Relevanz sein, um die Falllast einzelner Sozialer Dienste objektivieren zu können.

Ingrid Hess
Redaktionsleitung