Bargeldlose Zahlungseingänge im Unterstützungsbudget
Zahlungseingänge, auch aus bargeldlosen Zahlungssystemen, sind den Sozialdiensten durch ihre Klient:innen grundsätzlich mitzuteilen. Der Zahlungsverkehr muss für die Sozialarbeitenden nachvollziehbar sein.
Praxisbeispiel
Im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Mittellosigkeit wird Jonas Müller, wohnhaft im Kanton Zürich, dazu aufgefordert, dem Sozialdienst seine Kontoauszüge vorzulegen. Das Dokument weist vereinzelte geringfügige Zahlungseingänge via Twint auf. Zudem hat es einige grössere Beträge darunter, die Jonas Müller ebenfalls via Twint erhalten hat. Jeweils am 26. jeden Monats erhält er 50 Franken von Erika Müller. Jonas Müller teilt seiner Sozialarbeiterin mit, dass es sich bei den eingegangenen Zahlungen um die Aufteilung des WG-Einkaufs handelt, den meist er übernimmt. Zudem hilft ihm seine Mutter jeweils mit 50 Franken pro Monat aus.
Fragen
Welche Zahlungseingänge sind von der Meldepflicht betroffen? Sind alle Zahlungseingänge als Einnahmen im Unterstützungsbudget von Jonas Müller anzurechnen?
Grundlagen
Gemäss SKOS-RL D.1 Abs. 1 sind bei der Bemessung der Sozialhilfeleistungen grundsätzlich alle verfügbaren Einnahmen zu berücksichtigen. Als Einnahmen gelten alle geldwerten Zuflüsse, die der unterstützten Person zur Verfügung stehen (SKOS-RL D.1 Erläuterung a). Sozialhilfeleistungen werden nur subsidiär zu diesen Einnahmen erbracht. Die Sozialdienste sind daher verpflichtet, die Mittellosigkeit ihrer Klientinnen und Klienten zu überprüfen.
Die Verschiebung weg vom Bargeld hin zu bargeldlosen Zahlungsmitteln hat Auswirkungen auf diese Überprüfung der Mittellosigkeit. Die Bewegungen auf den Konten der Klientinnen und Klienten haben oftmals stark zugenommen. Weil bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten beispielsweise auch dazu genutzt werden, um eine Rechnung untereinander aufzuteilen oder Freunden das geliehene Geld zurückzuzahlen, ist heute nicht mehr jeder Zahlungseingang als anrechenbares Einkommen zu werten. Handelt es sich bei einem Zahlungseingang lediglich um die Rückerstattung von geliehenen Geldern, liegt es in der Verantwortung der Klientel, dies plausibel zu erklären und gegebenenfalls nachzuweisen. Bei der Beurteilung des Sachverhaltes besteht ein Ermessensspielraum der Sozialarbeitenden. Insbesondere bei Zweifeln an der Plausibilität der Angaben der Klientinnen und Klienten sind diese aufzufordern, geeignete Nachweise zu erbringen. Können Klientinnen und Klienten Zahlungseingänge nicht plausibel erklären und gegebenenfalls belegen, wird im Einzelfall darüber entschieden, den Zahlungseingang als Einnahme anzurechnen oder darauf zu verzichten.
Sämtliche Zahlungseingänge (auch in bargeldlosen Zahlungssystemen) unterstehen der Meldepflicht nach SKOS-RL A.4.1 Abs. 6. Es ist wichtig, die Klientinnen und Klienten darauf hinzuweisen, dass sie insbesondere grössere Zahlungseingänge aus bargeldlosen Zahlungssystemen umgehend melden müssen, auch wenn die Überprüfung ergibt, dass es sich nicht um eine anrechenbare Einnahme handelt.
Bei grösseren Beträgen ist eine Abklärung, ob es sich um anrechenbare Einnahmen handelt, angezeigt. Denn es gilt, Einnahmen, die den Anspruch auf Sozialhilfeleistungen (substanziell) reduzieren, zu erkennen. Bei kleineren Zahlungseingängen, die im Verhältnis zum Grundbedarf und zu den Ausgaben stehen und bei denen keine auffälligen Muster oder Häufungen erkennbar sind, ist Augenmass gefragt. Sofern Klientinnen und Klienten ihren Zahlungsverkehr plausibel erklären können, muss nicht zwingend für jeden einzelnen Zahlungseingang eine Erklärung oder ein Beleg eingefordert werden.
Vor Erlass eines Rückforderungsentscheides ist den Klientinnen und Klienten das rechtliche Gehör zu gewähren und ihre Stellungnahme in den Erwägungen zu würdigen.
Antworten
- Die Erklärung von Jonas Müller, dass es sich bei vielen Zahlungseingängen um die Beteiligung am WG-Einkauf handelt, ist plausibel. Die Sozialarbeiterin überprüft, ob es sich beim Absender tatsächlich um den WG-Mitbewohner handelt. Zudem hat Jonas Müller jeweils vor dem Zahlungseingang Ausgaben bei einem Detailhändler. Diese Zahlungseingänge, bei denen es sich lediglich um die Rückerstattung von bevorschussten oder geliehenen Geldern handelt, dürfen nicht angerechnet werden
- Die einzelnen grösseren Beträge bespricht die Sozialarbeiterin individuell mit Jonas Müller. Zwei Zahlungseingänge beruhen auf dem Verkauf von Alltagsgegenständen, die er nicht mehr benötigte und dazumal aus dem GBL bezahlte; diese Beträge rechnet die Sozialarbeiterin nicht an. Bei einem Zahlungseingang von 130 Franken handelt es sich um einen Betrag, den Jonas Müller bei einem Gewinnspiel gewonnen hat.. Der Betrag wird angerechnet.
- Jeweils Ende des Monats überweist Erika Müller ihrem Sohn 50 Franken. Da es sich hierbei um eine regelmässige Zahlung handelt, die nicht ausdrücklich zusätzlich zur Sozialhilfe entrichtet wird, muss dieser Betrag als Einnahme angerechnet werden.
- Die weiteren vereinzelten geringfügigen Zahlungseingänge überprüft die Sozialarbeiterin per Augenschein auf erkennbare Muster oder Häufungen. Da solche nicht zu erkennen sind, verzichtet sie auf eine weitere Überprüfung und somit auf eine Anrechnung als Einnahme.
Praxis
In dieser Rubrik werden exemplarische Fragen beantwortet und publiziert, die der SKOS im Rahmen ihrer Beratungsangebote gestellt werden.
Weitere Informationen unter skos.ch → Beratung für Institutionen.